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Windkraft – Alternativenprüfung vorgestellt

In einer Bürgerversammlung am 21. Januar 2016 stellte die Gemeindeverwaltung das Ergebnis einer alternativen Standortprüfung vor. Knapp 200 Besucher, auch aus den umliegenden Gemeinden, kamen in die Sandbühlhalle. Zusammen mit Bürgermeister Jochen Fetzer führte der von der Gemeinde beauftragte Moderator Rolf Pfeifer von der Firma Endura Kommunal (Freiburg) durch den Abend.

Der Bürgermeister rekapitulierte zunächst die Geschehnisse des vergangenen Jahres. Gemeinsam mit dem Fürstenhaus Hohenzollern und der Windkraftfirma Enercon entstand die Idee eines Windparks im Süden der Gemeinde. Bis zu vier Windräder sollten im Bereich zwischen Bingen, Hitzkofen, Laucherthal und der Kaserne entstehen. Die kurze Anbindung an das Umspannwerk Laucherthal bezeichnete der Investor als herausragende Eigenschaft des Standorts.

Gegen die Pläne regte sich Widerstand, insbesondere wegen des Abstands der Räder zur Ortschaft, verbunden mit der Lage im Süden bzw. Südwesten von Bingen und Hitzkofen. Von einer Planung im Norden sah man bisher ab, weil die Bundeswehr über diesem Gebiet eine Hubschraubertiefflugzone betreibt und deshalb keine Windräder zuließ. Zwischenzeitlich zeigt sich die Bundeswehr jedoch kompromissbereit und hat signalisiert, eine Ausnahmeregelung im Sinne der Kommune zu prüfen. Die Chancen hierfür sieht der Bürgermeister als gut.

Aufgrund dieser neuen Ausgangslage hat sich der Gemeinderat in einer Klausursitzung Gedanken über die Lösung der Standortfrage gemacht. Dabei griff der Gemeinderat auf einen Ansatz der Interessengemeinschaft „Lebenswertes Bingen“ (kurz: IG) zurück. Die IG zog in einer Landkarte um einige Punkte am Ortsrand Kreise mit 2 km Radius, welche frei von Windrädern bleiben sollten. So ergab sich im Norden von Bingen und Hitzkofen ein Korridor, welcher generell als Standort geeignet wäre. Die Gemeinde hat den Ansatz dahingehend verfeinert, dass die Ortsränder (einschließlich evtl. Neubaugebiete) nun als Bezugpunkte der Abstandsflächen hergenommen werden. Allerdings ergab bei dieser Betrachtung ein 2 km-Abstand kein vernünftiges Ergebnis mehr, so dass der Gemeinderats-Vorschlag einen Abstand von 1,7 km vorsieht. Der dadurch entstehende Korridor ist ca. 700 bis 1000 m breit und 4,5 km lang. Er reicht von der Straße nach Inneringen bis zur Straße nach Wilflingen (siehe Plan auf der ersten Seite). Neben den Abstandsradien zu den Ortschaften wird er noch durch die Gemarkungsgrenze zu Wilflingen begrenzt.

Innerhalb dieses Korridors liegen vorwiegend Grundstücke der Gemeinde und des Fürstenhauses. Dies ist insofern wichtig, da das Fürstenhaus Hohenzollern auf jeden Fall ihre Flächen für Windkraft verpachten möchte. Mit der angedachten Lösung eines Korridors könnte die Gemeinde eine Vereinbarung mit den Fürstenhaus erreichen, in der es die Abstände zur Gemeinde freiwillig anerkennt. Des weiteren möchte die Gemeinde erreichen, dass das Fürstenhaus durch die Alternativflächen im Norden auf die Verpachtung von Grundstücken im Süden verzichtet. (Anmerkung: Durch das Fehlen einer Vorrangplanung seitens des Gemeindeverwaltungsverbandes Sigmaringen dürften nach den gesetzlichen Vorschriften Windräder deutlich näher als 1,7 km an Ortschaften herangebaut werden. Die Gemeinde wird sich beim Gemeindeverwaltungsverband um die Einleitung einer Vorrangplanung bemühen).

Hinsichtlich der Größenordnung des Windparks schlägt der Gemeinderat eine Obergrenze von maximal 6 Windräder vor, wobei mindestens 3 Windräder auf Gemeindegrund stehen sollen. Die zum Einsatz kommenden Windräder haben voraussichtlich eine Gesamthöhe von 230 m (159 m Nabenhöhe + 71 m Flügellänge). Dem Bürgermeister ist es wichtig, dass die Firma Enercon vor dem Bau der Anlagen die Wirtschaftlichkeit genau nachweist. Die Gemeinde wird den Bau unwirtschaftlicher Anlage nicht unterstützen.

Der Gemeinderat sprach in der Klausurtagung auch über die Themen der Beteiligung am Windpark, sowie über Bürgerwindräder bzw. Bürgerstromtarife. Aufgrund der langen Verfahrensdauer von ca. zwei Jahren bis zur Genehmigung eines Windparks ist jedoch eine jetzige Entscheidung über dieses Thema mit zu vielen Risiken verbunden. Deshalb wird die Gemeinde einen Kooperationsvertrag mit der Firma Enercon abschließen, über den man noch zu einem späteren Zeitpunkt über einen Einstieg der Bürger oder der Gemeinde verhandeln kann.

Die anwesenden Besucher der Veranstaltung nutzten die Gelegenheit, Fragen zu stellen, welche von Bürgermeister Fetzer, Moderator Pfeifer sowie von Dr.Rüppel (Firma Enercon) beantwortet wurden.

Zur weiteren Vorgehensweise teilte der Bürgermeister mit, dass der Gemeinderat nun in absehbarer Zeit über den Abschluss entsprechender Verträge mit dem Fürstenhaus und Enercon zur Umsetzung des Windparks im beschriebenen Korridor beraten werde. Bei positivem Votum prüft die Firma Enercon die Genehmigungsfähigkeit bzw. Wirtschaftlichkeit des Standortes. Erst danach entscheidet sich endgültig, ob der Windpark kommt oder nicht. Stolz zeigte sich der Bürgermeister über die Tatsache, dass im Zuge des bisherigen Prozesses kein Riss durch die Gemeinde entstanden ist. Er bedankte sich hierfür recht herzlich bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Windpark Bingen in der Presse

Windkraftfirma misst Wind bei Bingen, berichtet die Schwäbische.

Windparkpläne bei Bingen: Standortprüfung beauftragt

Für den Windpark, der möglicherweise bei Bingen entstehen soll, sieht man sich nun nach alternativen Standorten um: Die Gemeinde Bingen, das Fürstenhaus Hohenzollern, die Interessengemeinschaft Lebenswertes Bingen und der Windkraftanlagenhersteller Enercon haben Ende Oktober eine Prüfung anderer möglicher Windpark-Standorte am nordöstlichen Rand der Gemeinde in Auftrag gegeben. Die Standortprüfung ist Resultat einer Bürgerdialogveranstaltung im Juli und mehrerer Gespräche mit allen Projektbeteiligten. Das Ergebnis der Prüfung soll Anfang 2016 vorliegen. Ein gemeinsames Aufsichtsgremium mit einem Moderator kontrolliert die Ergebnisse. Erst danach wird entschieden, ob und wo Windkraftwerke errichtet werden.

Mit dem Windpark würde der Klimaschutz in der rund 2.700 Einwohner zählenden Kommune einen großen Sprung nach vorne machen: Jede Anlage kann den Strombedarf von 2.000 Haushalten ökologisch decken. Da am südlichen Standort bis zu vier Anlagen in Betracht kommen und am nördlichen maximal sechs, könnte die Hohenzollerngemeinde bei einer Realisierung mehr Strom produzieren als sie verbraucht – und das auch noch CO2-neutral.

Alle Beteiligten an einen Tisch

Der Dialog mit der Bevölkerung bei der Standortsuche ist dem Bürgermeister Jochen Fetzer ein großes Anliegen: „Die Gemeinde möchte die Bürgerinnen und Bürger umfassend informieren und in den Prozess einbinden. Enercon und das Fürstenhaus sind uns entgegengekommen und stimmen der weiteren Standortprüfung zu. Nur gemeinsam können wir eine größtmögliche Akzeptanz erreichen.“

Nun prüft ein gemeinsames Gremium, dem ein Moderator, Vertreter der Interessengemeinschaft, die Gemeinde, das Unternehmen und das Fürstenhaus angehören, ob der alternative Standort im Nordosten Bingens für die Nutzung von Windenergie geeignet ist. Für ein ordnungsgemäßes Vorgehen sorge auch das abschließende Genehmigungsverfahren, dass das Vorgaben nach Baurecht, Naturschutz und Immissionsschutzrecht prüfe, so Fetzer.

Investor: Dialog auf Augenhöhe wichtig

Mit der erneuten Standortprüfung gehen die Gemeinde, das Fürstenhaus und die Firma Enercon einen neuen Weg, um die dezentrale Energieerzeugung auf der Schwäbischen Alb voranzubringen. Ursprünglich war eine Fläche am südwestlichen Rand des Gemarkungsgebiets der Gemeinde für einen Windpark mit bis zu vier Windkraftanlagen in Betracht gezogen worden. Dagegen regte sich Widerstand.

Das darauffolgende Vorgehen in der Gemeinde ist außergewöhnlich: Normalerweise gibt es keine Bürgerbeteiligung bei der Standortsuche. Investor, Grundstückseigentümer und die Kommune entscheiden darüber. In Bingen ist das nun anders, es erfolgt eine abgestimmte Suche. „Der Gemeinde ist es wichtig, alle Bürger bei dem Verfahren gleichermaßen zu beteiligen. Dieser Transparenzgedanke hat die Projektbeteiligten motiviert, die zweite Standortprüfung anzugehen“, so Bürgermeister Fetzer.

Zur Prüfung des nordöstlichen Standortes müssen ein artenschutzrechtliches Gutachten für rund 60.000 Euro in Auftrag gegeben und weitere genehmigungsrechtliche Fragen geklärt werden. In dem südwestlichen Gebiet könnte der Genehmigungsantrag recht schnell eingereicht werden, unter anderem auch deshalb, weil alle notwendigen Gutachten bereits vorliegen. Das hätte den Vorteil, eine feste Einspeisevergütung nach dem aktuellen Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) zu erhalten. Der nördliche Standort dagegen würde erst nach der nächsten Novelle des EEG in Betrieb gehen – die Windräder bekämen damit keine feste Einspeisevergütung mehr.

Gremium wertet Daten aus

Das in die Überlegungen neu aufgenommene nordöstliche Gebiet wird jetzt auf die technische und wirtschaftliche Machbarkeit sowie die Genehmigungsfähigkeit geprüft. Außerdem klärt das Gremium, ob die Tiefflugzone der Bundeswehr in der Gegend den Plänen entgegensteht. In den kommenden Tagen werden zudem Fachgutachter ernannt.

Um beide Standorte auf ihre wirtschaftliche Tauglichkeit zu untersuchen, hat die Firma Enercon bereits vor acht Wochen zwei LIDAR-Lasermessgeräte aufgestellt und in Betrieb genommen. Sie messen mittels Laser die Windgeschwindigkeiten in verschiedenen Höhen über dem Boden und liefern so Daten für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit. Die im Norden im Gewann Reibiswinkel und im Süden bei der Kaserne aufgestellten Windmessgeräte sind baugleich und können bereits in rund zwei Monaten erste belastbare Ergebnisse liefern, die Aufschluss über die Windgeschwindigkeiten – die so genannte Windhöffigkeit – abgeben.

Das weitere Vorgehen

Das weitere Vorgehen sieht so aus: Nach der Standortprüfung und -empfehlung steht die Standortentscheidung an. Danach folgt das Genehmigungsverfahren, durch das der Bauantrag für die Windräder gehen muss. Die Genehmigung umfasst immissionsschutzrechtliche Belange wie Lärmgutachten und eine Schattenwurfprognose, baurechtliche Fragen wie den Abstandsnachweis und Turbulenzgutachten sowie natur- und artenschutzrechtliche Prüfungen.

Die finanzielle Ausgestaltung der Investition ist noch offen: Enercon will eine Anlage selbst betreiben und die anderen abgeben. Denkbar sind Bürgergesellschaften, aber es werden auch andere Modelle wie der Verkauf von Anteilen an Investoren ins Auge gefasst. Noch steht das Projekt jedoch am Anfang, seine Umsetzung ist nicht gesichert.

Zum Hintergrund:

Der Gemeinderat von Bingen stimmte im Frühjahr 2015 in einem Grundsatzbeschluss einstimmig für den Plan des Fürstenhauses Hohenzollern und der Firma Enercon, einen Windpark auf der südwestlichen Gemeindegemarkung zu errichten. Im Juni 2015 erfolgte eine erste Bürgerinformationsveranstaltung. Auf der öffentlichen Vorstellung des Projektes wurden von Seiten der Bürger Sorgen, Ängste und Wünsche geäußert. Um die Diskussion möglichst zielorientiert und sachlich zu führen, beschloss die Gemeinde, eine weitere Bürgerinformationsveranstaltung mit Moderation durchzuführen, die im Juli stattfand. Die Ergebnisse dieser Veranstaltung und weitere Treffen bis Oktober mit den Projektbeteiligten  inklusive der Interessengemeinschaft Lebenswertes Bingen haben zu der jetzigen neuen Standortprüfung geführt.

Windpark Bingen in der Presse

Enercon will Windpark bei Bingen bauen, berichtet die Schwäbische.